Windows 10: persönliche Eindrücke

Windows 10

Eigentlich bin ich nicht der Mensch, der etwas Neues immer sofort haben muss. Ausgerechnet bei Betriebssystemen sieht die Sache oftmals jedoch ein wenig anders aus. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es insbesondere in den vergangenen 15 Jahren immer relativ lange gedauert hat, bis ein neues Windows erschienen ist. Nachdem ich Windows 8 ausgelassen habe, meine Eindrücke aus der 14-tägigen Nutzung eines Firmenlaptops waren alles andere als positiv, freute ich mich nach nunmehr sechs Jahren dann aber doch, das altehrwürdige Windows 7 endlich mal in Rente schicken zu können. Vorweggesagt, einen wirklichen Grund zum Umsteigen gibt es gerade auf einem Desktoprechner allerdings nicht, es sei denn, als Spieler wird irgendwann DirectX 12 zur Pflicht.

Aus „Sicherheitsgründen“ musste zunächst mein vier Jahre altes kleines Samsung Sens N 145Plus Netbook herhalten. Das Gerät stammt direkt aus Süd-Korea und besitzt eine größere Festplatte als das deutsche Pendant. Außerdem habe ich das RAM von 1 GB auf 2 GB erweitert und das mitgelieferte koreanische Windows 7 Starter wurde damals direkt durch Windows 7 Professional in der 32 Bit Version ersetzt. Angestoßen habe ich das Update mit dem Microsoft Media Creation Tool: https://www.microsoft.com/de-de/software-download/windows10, was supereinfach vonstattenging. Es dauerte auf dem lahmen Gerät mit 1,6 GHz Intel Atom N450 inklusive Download etwa sechs Stunden aber danach funktionierte sofort alles reibungslos. Bei der Geschwindigkeit sowohl beim Booten als auch im Betrieb konnte ich keinen Unterschied zu vorher feststellen, dafür belegte das System erheblich weniger Festplattenplatz als vorher, trotz Sicherung des Altsystems im Ordner Windows.old. Ein Phänomen, welches ich auch auf meinen anderen Geräten mit großem Wohlwollen registriert habe.

Ein kleines Problem tauchte bezüglich der Änderung der Bildschirmhelligkeit auf. Der Regler von Win 10 und der des Notebooks kollidieren irgendwie miteinander, es leuchten beide auf, wenn die FN-Taste gedrückt wird. Dann ist der Windows 10 Regler auf Minimum und der des Netbooks nur einen Balken unter Maximum, sodass sich der Regler nicht verschieben lässt. Auch ansonsten ließ sich in der Systemsteuerung selbst unter den Energiesparoptionen die Helligkeit nicht ändern. Ein ähnliches Problem trat schon unter Windows 7 bei Verwendung des letzten erschienen Grafiktreibers für die Intel HD 3150 GPU auf, die FN-Tasten funktionierten dann komplett nicht. Abhilfe schaffte damals die Nutzung eines älteren Treibers.

Die folgende Installation auf meinem Asus X43S Laptop mit Core i3 CPU und 2,1 GHz Takt sowie 4 GB RAM und Geforce GTX 860m verlief noch problemloser als beim Netbook. Alles funktionierte sofort wunderbar und ohne Einschränkungen.

Mein Eindruck der Grafischen Benutzeroberfläche (GUI) von Windows 10 ist bisher jedoch ein wenig durchwachsen. Zunächst finde ich die neue GUI durchaus recht modern und ansprechend - allerdings mit einigen Abstrichen. An Aero von Windows 7 oder gar Vista kommt das neue Design meiner Ansicht nach letztlich nicht heran. Immerhin gibt es teilweise transparente Fenster und der Look ist relativ modern. Aber es fehlt einfach die Coolness, da alles extrem schlicht gestaltet ist. Die weißen oberen Taskleisten von Fenstern sind außerdem ein Totalreinfall, sie liefern einen so extrem krassen Kontrast zum restlichen Design, das tut richtig in den Augen weh, weil sie so grell strahlen. Auch die neuen Menüs für die Einstellungen sind mir mit ihrem Dunkelgrau auf Hellgrau einfach ein wenig zu schlicht und bieten daneben noch Anlass zu weiterer Kritik.

Die neue Windows 10 Oberfläche fühlt sich nämlich nicht selbstständig und wie aus einem Guss an, sondern vielmehr wie ein grafischer Aufsatz, der einfach über Windows 7 drübergestülpt wurde (Win 7 und nicht 8 wohlgemerkt). Ich habe nicht schlecht gestaunt, ein Großteil der Win 7 Systemsteuerungseinstellungen sind noch vorhanden. Allerdings gibt es einige davon auch in 10er Form, also oftmals doppelt. Beim Aufrufen von msconfig.exe wird das Win 7 Programm anstandslos gestartet, geht man dann aber auf den Karteireiter „Autostart“ steht dort schlicht ein Hinweis, dass Autostarts jetzt im Taskmanager konfiguriert werden. Wieso gab es diesen Karteireiter dann überhaupt noch? Und diese Win 7 Überbleibsel trifft man halt an allen Ecken und Enden. Dadurch fühlt sich Win 10 einfach nicht richtig an, nicht eigenständig, eben baustellenmäßig.

In den neuen Windows 10 Einstellungen müssen jetzt, wie inzwischen bei Android und Co üblich, Änderungen nicht mehr extra mit „Übernehmen“ und / oder „Okay“ bestätigt werden, sie gelten einfach. Eigentlich eine gute Sache, subjektiv gefühlt fehlt mir aber die Sicherheit, ob meine Änderungen wirklich übernommen wurden und ob ich sie einfach wieder rückgängig machen kann.

Etwas nervig empfinde ich den Log-in. Alle meine Rechner zu Hause haben schlicht das gleiche Log-in-Passwort. Beim ersten Start musste ich das auch hier normal eingeben. Dann habe ich aber im System ein Microsoft-Konto aktiviert. Ist dieses aktiv, erfolgt das Einloggen ab dem nächsten Neustart des Systems dann mit diesem „E-Mail“-Account, außerdem erscheint nach dem Booten erst eine Art Bildschirmschoner, der zunächst weggedrückt werden muss, bevor das Passwort eingegeben werden kann. Alles in allem empfinde ich diese Lösung als ein wenig ungünstig. Bei mehreren Nutzern, etwa in Familien oder Firmen, ist es so nämlich absolute Pflicht, dass jeder sein eigenes Konto nutzt, auf einem Rechner also in jedem Fall mehrere Konten angelegt werden müssen. Das „Microsoft“-Konto ist kein Muss, aber ohne funktionieren halt die ganzen neuen (Web-) Features wie OneCloud, Cortana, XBox oder auch der Shop nicht. Neu installierte Apps tauchen bei mir im Startmenü übrigens nicht sofort auf, sondern erst nach vielen Minuten.

Ein paar Kleinigkeiten noch, das neue Startmenü finde ich durchaus als angenehm. Cortana bzw. die Suchleiste sind aus dem Startmenü in die normale Taskleiste gewandert. Gerade bei kleinen Schirmen wie meinem Netbook mit seinen 1024 x 600 Pixeln bleibt da jedoch nicht viel Raum. Auch würde ich gerne die Einträge bei Cortana, wie Essen & Trinken etc. komplett löschen und nicht nur deaktivieren können. Generell scheint die Suchleiste übrigens schneller im Internet etwas zu finden als auf dem heimischen Computer, auch das stört mich persönlich ein wenig, da Suchtreffer im Web schnell fast das gesamte Fenster einnehmen und der lokalen Suche nur ein oder zwei Zeilen bleiben. Das „Ding“ dabei, wenn ich in der Suchleiste tippe, dann in der Regel, weil ich ein bestimmtes Programm oder eine spezielle lokale Datei suche und aufrufen will. Will ich hingegen im Internet etwas suchen, dann nehme ich sowieso den Webbrowser. Apropos Webbrowser, Edge lief schnell und stabil, erinnert mich allerdings ziemlich an Chrome. Nur wo Chrome halt die Google-„Verdongelung“ hat, hat Edge eben Microsoft. Weiß nicht, ob ich diesen Trend gut finden soll, selbst bei Mozillas Firefox ist das inzwischen ja nicht viel anders.

Während das Update von Windows 7 auf meinem Netbook von Win 7 Pro 32 Bit und Notebook von Win 7 Home 64 Bit absolut einwandfrei und problemlos funktionierte, sah es auf dem Desktop PC mit Win 7 Pro 64 Bit völlig anders aus. Bei den ersten beiden Versuchen einfach ein Update drüberzuziehen funktionierten anschließend unter Win 10 weder das Startmenü noch das Sucheingabefeld oder Cortana. Auch Apps gingen nicht. Beim dritten Anlauf hat die Installation dann die Hälfte meiner Anwendungsprogramme geschrottet. Daraufhin entschloss ich mich zu einer Formatierung der Systemplatte, einer 120 GB SSD, und kompletten Neuinstallation von einem USB-Stick. Dabei trat auch ein Problem wieder auf, das ich vorher bei den Updates schon ständig hatte, nach einigen Minuten wurde der Bildschirm schwarz und ließ sich auch nicht mehr einschalten, sobald die Grafik in voller Bildschirmauflösung, also 1080p, lief, was beim Upgrade halt der Ausgangszustand war. Scheinbar hat der bei der Installation verwendete eigene Microsoft Grafiktreiber erhebliche Probleme mit meiner AMD Radeon HD 6770.

Auch gab es diesmal ein paar weitere kleinere Treiberprobleme. Nach dem Update funktionierte meine zusätzliche USB 3.0 Karte problemlos, nach der kompletten Neuinstallation musste ich zunächst jedoch die alten Herstellertreiber von Windows 7 neu einspielen, damit die Geräte auch tatsächlich mit USB 3.0 Geschwindigkeit liefen. Berüchtigt ist auch das Treiberproblem bei Creative Soundkarten. Mit meiner Soundblaster X-Fi Gamer funktioniert dieser Treiber zum Glück jedoch hervorragend: http://www.chip.de/downloads/Creative-Soundblaster-Windows-10-Treiber-SB-X-Fi-Series-Support-Pack-Inoffiziell_81584996.html

Nach der kompletten Neuinstallation fielen mir dann plötzlich sehr viele Dinge auf, die mir nach dem Update nicht aufgefallen waren, weil Windows 10 dort die Einstellungen von Windows 7 übernommen hatte. Als Erstes der Abstand der Icons auf dem Desktop, dieser ist nämlich riesig, wirklich geradezu abnorm gewaltig! Was Microsoft sich dabei gedacht hat, kann ich nicht nachvollziehen. Jetzt kommt aber der Hammer: Bei Windows 7 konnte man den horizontalen und vertikalen Abstand bequem in den Anzeigeeinstellungen ändern. Bei Windows 10 geht das nicht! Man muss die Werte manuell in der Registry eintragen. Als Alternative habe ich ein kleines Tool gefunden: http://www.downloadinformer.com/2012/08/desktop-icons-spacing-controller.html. Der Nachteil an diesen beiden Lösungen, man muss den Rechner neu starten, um Änderungen zu sehen. Das heißt, es ist einiges an Probieren notwendig - und sehr viele Neustarts - bis die Abstände dem eigenen Geschmack entsprechen. Nett hingegen, mit gedrückter STRG-Taste und dem Mausrad lassen sich die Icons auf dem Desktop sehr einfach beliebig in der Größe ändern.

Ein weiteres derzeit noch ungelöstes Problem bei mir betrifft das Heimnetzwerk. Bisher konnte ich mich mit dem sauberen Windows 10 schlicht nicht einklinken. Trotz aller gesetzten Freigaben weigert sich mein PC, sich mit den anderen Rechnern zu verbinden, bzw. wird der Desktop-PC schlicht nicht im Netzwerk angezeigt. Bei den anderen Windows 10 Rechnern, die durch das Update liefen, funktionierte dies sofort problemlos. Auch mit dem Android Tablet komme momentan nicht mehr über WLAN auf den PC. Es kommen auch Fehlermeldungen, dass irgendwelche Netzwerkdienste nicht gestartet werden konnten. Hier muss ich wohl noch einiges an Arbeit und Nerven investieren. Nach dem Erstellen einer neuen Heimnetzgruppe auf dem Notebook konnte ich dieser immerhin mit dem Desktoprechner beitreten, allerdings habe ich dadurch immer noch keine Möglichkeit auf die einzelnen Partitionen des jeweils anderen Rechners zuzugreifen, in der Heimnetzgruppe sind nur die freigegebenen Benutzerordner verfügbar.

Ebenso unausgegoren, ich benutze als Desktophintergrund einen Bilderordner mit eigenen Wallpapern. Die Bilder sollen als Diashow in zufälliger Reihenfolge abgespielt werden. Bei den zwei portablen Rechnern kein Problem, das geht wohl automatisch von früher. Bei dem PC mit dem neuen Windows gibt es aber keine Möglichkeit eine zufällige Wiedergabe einzustellen, er spielt die Fotos stur der Reihe nach runter. Dämlich! Bei mehreren Monitoren werden auf jedem unterschiedliche Hintergrundbilder angezeigt, was sich aber nicht ändern lässt, wenn das nicht gewollt ist. Zwiespältig, mir gefällt’s, aber die Wahl zu haben wäre dennoch wünschenswert. Super hingegen, auch auf den anderen Monitoren lässt sich endlich bei Bedarf die Taskleiste einblenden.

Schwach finde ich wiederum die lange geforderten und endlich implementierten virtuellen Desktops. Für mich würden die nur Sinn machen, wenn es wirklich eigenständige Desktops wären, auf denen z. B. auch Verknüpfungen und Ähnliches abgelegt werden können, tatsächlich sind es aber nur Klone des Hauptdesktops die sich nicht ändern lassen. Sie machen hier also nur Sinn, wenn viele Programme, also mind. zwei je Desktop, immer gleichzeitig geöffnet sein sollen. Für mich eine sinnlose Funktion, da man vorher auch schon problemlos mit ALT und TAB zwischen den Anwendungen hin- und herschalten konnte. Jetzt können dadurch halt mehrere Anwendungen gleichzeitig in den Vordergrund geholt werden, mehr nicht. Vielleicht unter Umständen marginal interessant für Leute, die keinen zweiten Monitor besitzen.

Auf dem potenten Desktop PC mit Core i5 und 3,4 bis 3,8 GHz sowie 16 GB RAM machen sich ansonsten, wie schon auf dem schwachen Netbook, keine Geschwindigkeitsunterschiede zu Windows 7 bemerkbar. Erheblich profitiert hat hingegen das Notebook, welches nicht nur erheblich schneller hochfährt, sondern sich auch beim Starten von Anwendungen flotter anfühlt.

Viel gemeckert wird im Netz über fehlende Programme. Tatsache ist, wie schon bei Windows 7 und 8 lassen sich diese problemlos und kostenfrei nachinstallieren: http://windows.microsoft.com/de-de/windows-live/essentials. Bei den Windows Essentials handelt es sich um die Version von Windows 8 aus dem Jahr 2012, dort enthalten ist etwa Windows Live Mail, ein entgegen seinem Rufes sehr gutes E-Mail Programm, sowie der Movie Maker oder die Fotogalerie. Auch der altbekannte Medienplayer ist unter Windows 10 enthalten. Damit dieser, falls im Falle einer Neuinstallation nicht von Haus aus möglich, wieder DVDs abspielen kann, ist es problemlos möglich sich einen Codecpack herunterzuladen, was ohnehin ratsam ist, für den Fall, dass mal ein „exotisches“ Format abgespielt werden soll: http://www.chip.de/downloads/K-Lite-Mega-Codec-Pack_23300451.html. Das Problem mit der DVD-Wiedergabe hat rein lizenzrechtliche Gründe. Für jedes verteilte Windows müsste Microsoft sonst Gebühren zahlen. Aus dem gleichen Grund gibt es auch auf vielen anderen Systemen keine Möglichkeit von Haus aus DVD-Filme abzuspielen. Von Blu-rays müssen wir da erst gar nicht anfangen, alle offiziellen Player kosten Geld, die kostenlosen funktionieren zumeist nicht nur nicht richtig, sondern befinden sich letztlich auch in einer rechtlichen Grauzone.

Grundsätzlich ist Windows 10 ein gutes System, so mein Fazit. Aber im Vergleich zu Windows 7 ist es derzeit noch eine extreme Baustelle, wo sehr viele Funktionen schlicht fehlen. Vieles was aus der alten Systemsteuerung entfernt wurde ist in der neuen noch nicht implementiert. Der Schwachsinn mit den zwei verschiedenen Systemsteuerungen und ihren teilweise doppelt vorhandenen Funktionen ist ohnehin ein schlechter Scherz. Dafür läuft das System stabil und mindestens genauso flüssig wie Windows 7, je nach Rechner könnte es sogar einen spürbaren Leistungsschub geben. Was ich mir wünschte, wäre das Verschwinden aller Windows 7 Überbleibsel und deren Integration in die neue Oberfläche, damit sich das neue Betriebssystem wirklich einheitlich anfühlt und bedienen lässt. Außerdem sollten die bereits aus der Windows 7 Systemsteuerung gestrichenen Funktionen unbedingt wieder in das System eingebaut werden, denn dessen Fehlen empfinde ich teilweise als geradezu schmerzhaft, vor allem bei elementaren Funktionen wie der zufälligen Wiedergabe einer Diashow.

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